Alle guten Dinge sind drei, sagt man so schön. Doch für TUDOR scheint es derzeit eine andere Realität zu geben. Nach dem Ausscheiden von Carmelo Armeli und dem Weggang von Davide Cerrato (Head of Marketing, Design & Product Development bei TUDOR) im November 2015, der mittlerweile Managing Director der Watch Division bei Montblanc ist, folgt nun eine weitere überraschende Nachricht: TUDOR-CEO Philippe Peverelli übernimmt eine neue Funktion innerhalb der Rolex-Gruppe und verlässt seinen Posten als CEO bei TUDOR. Philippe Peverelli wird künftig Geschäftsführer bei Roledeco, einem Unternehmen, das für das Shop-Design und Visual Merchandising von Rolex und TUDOR verantwortlich ist und zur Rolex-Gruppe gehört. Sein Vorgänger bei Roledeco war Daniel Riedo, der nun CEO bei Jaeger-LeCoultre ist.
Was ist hier passiert? Warum dieser plötzliche Wechsel, obwohl doch alles so gut zu laufen schien?
Nun, was genau passiert ist, werden wir wahrscheinlich nie vollständig erfahren. Ist der neue Posten als CEO bei Roledeco ein Sprungbrett Richtung ROLEX oder wird Philippe Peverelli ins Abstellgleis gestellt? Das wird die Zeit zeigen. Ich denke jedoch nicht, dass Jean-Frédéric Dufour, der enge Freund von Peverelli (auch bekannt als „Bibi Boys“, die Band von Jean-Claude Biver), ihn einfach so abschreibt – nicht angesichts der Zahlen und Leistungen, die Peverelli vorweisen kann. Philippe Peverelli trat 2009 als CEO von TUDOR an und hatte zuvor bei Blancpain gearbeitet, wo er zusammen mit Jean-Claude Biver tätig war. Nach Blancpain wechselte Peverelli zu Chopard. Seit 2009 hat er TUDOR maßgeblich geprägt und die Marke zusammen mit Davide Cerrato aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt. Heute ist TUDOR genau das, was es ist, und das verdankt es auch der Arbeit von Peverelli.
Tudor Watches CEO Philippe Peverelli (source – GPHG)
Wie ich bereits in meinem Artikel zur Erfolgsgeschichte Tudor erwähnt habe, stand die Marke damals kurz vor dem Aus. TUDOR befand sich am Abgrund, und es gab nur zwei Wege: entweder zurück oder abwärts. Die Marke besann sich wieder auf ihre alten Tugenden, denn zu diesem Zeitpunkt war TUDOR hauptsächlich noch auf dem chinesischen Markt präsent (mit rund 95% des Umsatzes) und in Europa nur vereinzelt zu finden. In den USA war TUDOR schon lange nicht mehr vertreten und lediglich unter echten Uhrenliebhabern bekannt. Doch dann kam die Einführung der Heritage-Reihe. Mit dieser neuen Kollektion eroberte TUDOR den Uhrenmarkt zurück – der Fokus lag nun nicht mehr ausschließlich auf Asien, sondern wurde global ausgerichtet. TUDOR gewann an Bedeutung, und Europa sowie Großbritannien waren der Anfang. Danach trat die Marke wieder auf den US-Markt und ist seitdem nicht mehr aufzuhalten.
Diese Wiederbelebung wurde mit zahlreichen Preisen honoriert, darunter zweimal der Grand Prix d’Horlogerie de Genève (2013 mit der Black Bay und 2015 mit der Pelagos). Der Grand Prix d’Horlogerie de Genève ist vergleichbar mit der Oscar-Verleihung der Uhrenindustrie. Auf der Baselworld vor wenigen Wochen feierte die neue Heritage Black Bay Bronze internationale Erfolge und wurde zu den „dreißig schönsten Uhren der Baseler Messe“ gewählt. Laut Rolex hatte TUDOR in diesem Jahr die „beste Baselworld seiner Geschichte“. Es schien alles perfekt zu laufen, und TUDOR trat mehr und mehr aus dem Schatten der Marke mit der Krone heraus. TUDOR ist in die Liga der Uhrenmanufakturen aufgestiegen – dies zeigt sich nicht nur im eigenen Design und im Manufakturwerk, sondern auch im stetigen Wachstum der letzten Jahre. Eine Schätzung von Business Montres zufolge verkauft TUDOR mittlerweile etwa 250.000 Uhren pro Jahr, was einem Umsatz von mehr als 230 Mio. CHF entspricht.
Philippe Peverelli wird nun von dem Rolex-Manager Eric Pirson abgelöst, der Übergang soll bis zum Sommer vollzogen sein. Was die Zukunft mit einem neuen TUDOR-CEO bringt, wird sich zeigen. Auf der diesjährigen Baselworld war bereits ein Wandel spürbar, der nicht gerade positiv wirkte und eher wie ein Schritt zurück erscheint, anstatt den eigenen Kurs beizubehalten. Siehe dazu auch meine Kritik an TUDOR.
Sources: Le Temps – BusinessMontres