TUDOR UND DIE AUSGLIEDERUNG DER WERKHERSTELLUNG: EIN STRATEGISCHER SCHRITT ZU MEHR UNABHÄNGIGKEIT
Laut Berichten von Le Temps und SJX Watches steht eine bedeutende Veränderung in der Uhrmacherkunst von Tudor bevor: Das Unternehmen plant eine Ausgliederung seiner Werksherstellung. Obwohl die Nachricht schon am Tag der Veröffentlichung für Aufsehen sorgte, wartete man lange auf eine offizielle Bestätigung von Tudor. Doch nun gibt es neue Erkenntnisse, die die Zusammenarbeit und die strategische Ausrichtung von Tudor und seinen Partnern näher beleuchten.
Die Partnerschaft von Chanel und Kenissi SA
Chanel, das seine Bemühungen in der Uhrenherstellung weiter ausbaut, hat vor kurzem eine 20%ige Beteiligung an der 2016 gegründeten Uhrwerk-Manufaktur Kenissi SA für 20 Millionen Franken bekannt gegeben. Kenissi, bekannt für die Herstellung von hochpräzisen Uhrwerken und Komponenten, wird in der kommenden Baselworld 2019 seine erste Armbanduhr mit einem eigenen automatischen Uhrwerk vorstellen. Doch wie passt Tudor in diese Geschichte?
Laut Le Temps fungiert Kenissi als der „Industriearm von Tudor“ und spielt damit eine zentrale Rolle in der Entwicklung von Tudor-Uhrwerken. Kenissi hat derzeit seinen Sitz in Genf, wird jedoch 2021 in eine neue Fabrik in Le Locle umziehen. Diese rund 150 Meter lange Fabrik, die als „Project Gemini“ bezeichnet wird, wird zur Hälfte von Kenissi und zur anderen Hälfte von Tudor genutzt. Diese Information wird durch Handelsregisterauszüge bestätigt.
Die Führungsebene und die strategische Bedeutung der Partnerschaft
Besonders interessant ist, dass Eric Yvon Pirson, der Chef von Tudor, als einer der Direktoren der Kenissi Holding SA aufgeführt wird. Ein weiterer prominenter Direktor ist Jean-Paul Girardin, der in der Vergangenheit Breitling leitete und nun die neue Fabrik in Le Locle führen wird. Das Verbindungsstück zwischen Tudor und Breitling wird auch durch die gegenseitige Versorgung mit Uhrwerken in den letzten Jahren deutlich. Ein dritter Direktor, Philippe Jacques Dalloz, ist ebenfalls eine Schlüsselperson, da er Direktor mehrerer Unternehmen ist, die auf die Herstellung von Uhrwerken und Uhrkomponenten, insbesondere Saphirgläser, spezialisiert sind.
Ein weiterer faszinierender Aspekt dieser Partnerschaft ist, dass der Mehrheitsaktionär der Kenissi Holding SA ein „mysteriöser Industrieller“ ist, der als Hersteller von Saphirgläsern für zahlreiche große Uhrenmarken bekannt ist. Diese Verbindungen und das versteckte Netzwerk der Beteiligten zeigen die strategische Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Tudor, Breitling und Chanel.
Die strategische Bedeutung der Ausgliederung
Was steckt hinter der Entscheidung, die Werkproduktion auszugliedern? Diese Frage ist besonders spannend, da sie die zunehmende Unabhängigkeit von den großen Konzernen wie Richemont, Swatch und LVMH widerspiegelt. Während Rolex seine Werkproduktion nie auslagern würde, auch wenn dies in der Vergangenheit bei Marken wie Panerai der Fall war, gehen Tudor und Breitling einen anderen Weg.
Die Ausgliederung der Produktion und die Kooperation mit Kenissi stellen einen logischen Schritt dar, um die Abhängigkeit von ETA und der Swatch-Gruppe zu verringern. Durch die Zusammenarbeit und den Austausch von Wissen und Technologien können alle Beteiligten von den Stärken des jeweils anderen profitieren und sich gleichzeitig von den großen Konzernen unabhängiger machen.
Ein gemeinsamer Weg in die Zukunft
Was diese strategische Partnerschaft besonders hervorhebt, ist, dass alle drei Marken – Tudor, Chanel und Breitling – bedeutende Akteure in der Luxuswelt sind und unabhängig bleiben. Sie sind in privater Hand: Tudor und Breitling sind in Familienbesitz, während Chanel als Stiftung geführt wird. Diese Unabhängigkeit gibt den Marken die Freiheit, Entscheidungen zu treffen, die im besten Interesse ihrer Entwicklung und Zukunft liegen, ohne sich den Zwängen großer börsennotierter Unternehmen beugen zu müssen.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Ausgliederung der Werksherstellung und die Partnerschaft mit Kenissi ein Schritt in die richtige Richtung sind. Tudor hat damit die Chance, sich von traditionellen Lieferanten wie ETA abzugrenzen und seine Position als unabhängiger Hersteller von hochpräzisen Uhrwerken zu stärken. Diese Partnerschaft eröffnet neue Perspektiven und lässt auf eine spannende Zukunft für Tudor und seine Partner hoffen.